Im Namen des Mediums

mit Boris Groys

Konzeption und Regie: Thomas Knoefel
Erzähler: Boris Groys
Aufnahme: Klaus Sander
Schnitt: Anja Theismann
Mastering: Timm Sander, Interface Studios Köln
Produktion: supposé 2004

Audio-CD, 61 Minuten
ISBN 978-3-932513-52-7
Euro 18,00

Download (mp3, 320 kBit/s), 61 Minuten
ISBN 978-3-86385-050-0
Euro 9,95

Kategorie:

Beschreibung

Wer spricht und in welchem Namen? – Am Anfang des Begriffs “Medium”, als die Frage nach dem Medialen in der Geschichte laut wird, steht der Mensch. Das Medium ist der Mensch, der sowohl eigene wie auch fremde Stimmen durch sich manifestiert und zur Welt kommen lässt, ohne dabei das Eigene vom Fremden zu unterscheiden. Seit im Europa des 19. Jahrhunderts die Geister in den spiritistisch-theosophischen Gesellschaften redselig werden und zu sprechen beginnen, seit die klassische Avantgarde das Fremde zum Eigenen, die Botschaft des Mediums zur eigenen Botschaft macht, ist die Lage heute nicht anders: Wir leben inmitten einer medialen Welt, deren Zeichen und Mitteilungen in ihren Ursprüngen uns für immer verborgen sind – der Raum hinter den medialen Oberflächen bleibt dunkel…
Die Ununterscheidbarkeit von Medium als Medium und Medium als Autor, von bewusst und unbewusst, menschlich und unmenschlich – hier beginnt Groys’ “geistreicher” Kommentar zur medialen Lage der Gegenwart – wird zu einer Frage des Politischen, der, gleichwohl unbegründbaren Entscheidung sich zu bekennen: Und so bekennt sich Groys zur Idee des “Menschen als nur Medium eines anderen – eines anderen Geistes”. Die Besessenheit durch das andere ist aber auch durch wissenschaftlichen Exorzismus (Freud) nicht auszutreiben, zu heilen! Wie der Terrorrist sich rückhaltlos medialisiert als Botschafter eines anderen Geistes, einer Obsession, einer Kraft, eines fremden Himmels, so etwa haben Malewitsch oder Kandinsky sich bekannt als Medien einer anderen Welt – der reinen Formen und Farben. Die Medialität des Menschen also ist Bekenntnis: Der Mensch bekennt sich – und sei es im Tod.
Wie fremd solches Denken heute erscheint, zeigt sich nicht zuletzt darin, dass wir die Sprache verloren haben, in der es lebendig bleiben, zu uns sprechen kann. Groys selbst, so scheint es, wird mit seiner Medientheorie, in der die Bestimmung des Mediums im Bekenntnis liegt, zum Medium eines vergessenes Geistes, einer entlegenen, fernen Stimme…

Inhalt

01  Der Mensch als Medium
02  Medien der Kunst
03  Medialität und Politik
04  Die Zeichen der Geister
05  Räume des Vergleichs
06  Geist und Gespenst
07  Im Namen des Mediums

Hörprobe

Track 07  Im Namen des Mediums

Pressestimmen

"Boris Groys meistert sein Medium. Er hat sie gründlich gelernt, die Lektion aus den Valorisierungsleistungen des Kunstbetriebs, und weiß, wie man sich im Gespräch hält. Derzeit dreht sich alles um Medientheorie, nun denn, er liefert Medientheorie – aber was für eine!
Das Ganze wird zur exklusiven Séance mit dem Meister, der konsequent vorführt, was es heißt, sich der Botschaft der (Medien-)Welt auszusetzen – manipuliert zu werden und die Stimme des Jenseits, die Sprache irgendeines Anderen zu sein, oder in reflexiver Überbietung zum Medium des Mediums zu werden."
Frank Hartmann, Telepolis

"Seine in charmantem russischem Akzent geäußerten Gedanken kann man auf dieser liebevoll gestalteten CD nachhören... Originelle Einsichten, um eine einstündige Autobahnfahrt zu vergolden."
Die Zeit

"Die Exkurse sind so anregend wie originell. Wer Groys leicht näselnden, weichen russischen Akzent und seinen selbstironischen Unterton noch nicht kennt, darf sich auch darauf freuen..." Tages-Anzeiger, Zürich

"Uferlos geht sie, die Rede über "die Medien", deren Macht und Magie. Dabei vergisst diese Rede gerne, dass sie – in Sprache, Stimme und Übermittlung – selber ein multiples Medium ist. Was aber gäbe es dann in der Menschenwelt, fragt Boris Groys , das kein Medium ist? Gewitzt und listig packt der Kunst- und Medientheoretiker das "Medium" beim Schopf seiner Widersprüche und zieht es elegant aus dem Sumpf des Selbstverständlichen heraus. Mit Verweis auf das 1861 erschienene Buch der Medien des Pestalozzi-Schülers Allan Kardec erinnert Groys an den Spiritismus des 19. Jahrhunderts, in dessen Mittelpunkt das menschliche Medium stand. Der Fingerzeig in Richtung der historischen Seancen führt bei Groys allerdings nicht zur Esoterik, sondern lenkt - im Gegenteil - unsere Aufmerksamkeit auf den Umstand hin, dass jeder Mensch ein Medium ist. Somit dem Gemeinverständnis widersprechend, wir seien zu passiven Konsumenten technisch reproduzierter Medienspektakel verkommen, definiert Groys das menschliche Medium als aktives, sprechendes, handelndes und politisch verantwortliches Subjekt. In freier – mitunter über schwindelnde Assoziationen hinwegtänzelnder – Rede spricht Groys nicht einem traditionellen Humanismus das Wort, sondern der Sprengkraft des unauflösbaren Verdachtes: Nie können wir wissen, wer "dahinter" steckt, wenn jemand spricht. Schon gar nicht bei einem Philosophen, der vor dem Mikrofon improvisiert und dabei – gut hörbar – lächelt."
Christiane Zintzen, Neue Zürcher Zeitung

"Ausgehend von den Beschwörungs-Medien des 19. Jahrhunderts bestimmt Groys unsere moderne Medialität ... Eine CD für Menschen, die überraschende Gedankenwendungen lieben und die Auseinandersetzung mit wildem Denken."
Martin Zeyn, BR 2 Radio, 15-5 Hörbuchmagazin

"... die Stimme überwältigt, während die Schrift eine kritische Distanz fördert. Im Namen des Mediums macht beides gleichzeitig anschaulich: die Macht der Stimme über den Zuhörer - und die Möglichkeit, sie technisch zu distanzieren. Groys ist ein suggestiver Sprecher; er versteht es, den Gesprächspartner in seinen Bann zu ziehen. Hier feiert die Stimme ihre Auferstehung aus dem Schriftgrab."
Luca Di Blasi, NZZ

"Unter Medium versteht Groys nicht nur die Medienbranche als technischen bzw. wirtschaftlichen Apparat. Vielmehr fragt er, inwiefern der Mensch Medium ist, Medium in dem Sinn, daß er nicht Autor (oder philosophisches Subjekt) seiner Botschaften ist, sondern Medium eines "Geistes", der durch ihn hindurch sich äußert. Als Geist ist die Eingebundenheit in materielle und kulturelle Gegebenheiten zu verstehen, die die (Lebens-)Äußerungen von Menschen prägt. Unter dem Gesichtspunkt Mensch als Medium setzt sich Groys auch mit islamischen Selbstmord-Attentätern auseinander. Denn diese Menschen begreifen sich als Medium des Islam, eine Haltung, die Protagonisten aus dem westlichen Kulturkreis schwer verständlich erscheint, weil hier Menschen nicht als Medium, sondern als Autoren ihrer Lebensäußerungen propagiert werden. Diese Bezüge zu konkreten zeitgenössischen Phänomenen machen die historischen und theoretischen Analysen des Begriffs Medium spannend und erkenntnisfördernd."
Jadwiga Adamiak, Widerspruch

Erzähler


Boris Groys, geboren 1947, ist Professor für Philosophie und Medientheorie an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe.

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